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VerwaltungsrichterInnen und JustizrichterInnen – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Posted by Redaktion - 31. März 2014

Richtervereinigung2DVVR Logo KopieDer rasante gesellschaftliche und politische Wandel verlangt nach neuen Ideen und Konzepten. Auch in der Justiz. Die Vereinigung der JustizrichterInnen hat aus diesem Grund Ende März ein dreitägiges Seminar für „Vor-, Nach- und Querdenker“ veranstaltet, um sich neuen Themen zu stellen.

Erstmals waren auch Vertreter der VerwaltungsrichterInnen eingeladen, denn ein Arbeitskreis widmete sich dem Verhältnis zwischen diesen beiden Berufsgruppen.

Dabei ging es im Wesentlichen um die Fragestellung, worin die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der täglichen Arbeit, in der dienst- und organisationsrechtlichen Stellung und bei der Interessenvertretung bestehen. Um es vorweg zu nehmen: die Ergebnisse waren zum Teil überraschend.

„Richterliche Kernkompetenz“

Bei der Analyse der täglichen Arbeit stellte sich sehr bald heraus, dass es so etwas wie eine „richterliche Kernkompetenz“ gibt, die vor allem an der öffentlichen mündlichen Verhandlung und an der Entscheidungsfindung durch Beweiswürdigung festgemacht werden kann. Diese Kerntätigkeit ist allen RichterInnen gemeinsam, wesentliche Unterschiede gibt es bei den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Hier finden VerwaltungsrichterInnen zum Teil sogar deutlich bessere Bedingungen vor als JustizrichterInnen.

Verwaltungsrichter sind „Quereinsteiger“

Die erwarteten Unterschiede gab es beim Vergleich der Berufslaufbahnen: Während die JustizrichterInnen im Regelfall eine kontinuierliche, im Wesentlichen vorsehbare Berufslaufbahn verfolgen und bei ihrer Ernennung oft unter 30 Jahr alt sind, handelt es sich bei den VerwaltungsrichterInnen aus Sicht der Justiz um so etwas wie deutlich ältere „Quereinsteiger“, die im System der ordentlichen Gerichtsbarkeit weder sehr geschätzt noch sehr gefördert werden. Anders ist die Haltung zur Berufserfahrung außerhalb des Richterberufs etwa in den skandinavischen Justizsystemen. Dort wird die Berufserfahrung in anderen Bereichen als großer Vorteil für den Richterberuf angesehen und gefördert. Die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit könnte hier unter Umständen den Blickwinkel innerhalb der österreichischen Justiz ändern, eine Möglichkeit, die von einigen Teilnehmern als „historische Chance“ bezeichnet wurde.

Richterberuf ist „Sprung ins kalte Wasser“

Überraschend war, dass nicht nur die neuen VerwaltungsrichterInnen, sondern auch die neu ernannten JustizrichterInnen, trotz ihrer vorangegangenen und als sehr positiv bewerteten Ausbildung, den Beginn ihrer Tätigkeit gleichermaßen als „Sprung ins kalte Wasser“ empfinden und bei beiden Gruppen die Angst vor Überbelastung und Überforderung besteht. Beiden Gruppen sehen sich auch insofern nicht fair behandelt, als sie sich vorrangig als „Feuerwehr“ zur Aufarbeitung unerledigter Verfahren, die sonst keiner will, eingesetzt sehen. Eine einjährige „Einstiegsphase“ mit geringerer Arbeitsbelastung und Unterstützung durch erfahrene RichterInnen als MentorInnen wird als dringend notwendig angesehen.

Rechtsschutz übergangener Bewerber fehlt in beiden Systemen

In der Diskussion wurde auch klar herausgearbeitet, dass VerwaltungsrichterInnen zukünftig auf Basis der Vorschläge der richterlichen Personalsenate/ausschüsse ernannt werden, bei Justizrichtern dagegen die für die Laufbahn entscheidende Übernahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst nach wie vor ausschließlich in der Entscheidungskompetenz des OLG-Präsidenten liegt. Was bei allen Auswahl- und Karriereentscheidungen in Justiz und Verwaltungsgerichtsbarkeit fehlt, ist der Rechtsschutz für übergangene Bewerber. Auch wenn diese Rechtsschutzmöglichkeit zu aufwändigen Verfahren und zu verzögerter Postenbesetzung führt, zeigen Erfahrungen, dass nur so dem Vorwurf, bei einer Karriereentscheidung hätten politische oder verwandtschaftliche Beziehungen eine größere Rolle gespielt als die fachliche Eignung, glaubwürdig entgegengetreten werden kann.

Schlussfolgerungen für die Zukunft

Ausgehend von diesen Ergebnissen waren die Schlussfolgerungen für die Zukunft rasch gefunden:

  • Gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen dort, wo es um die richterlichen Kernkompetenzen geht, dazu sollen die Ausbildungsschienen in Justiz und Verwaltung wechselweise für alle RichterInnen geöffnet werden,
  • Erfahrungsaustausch dort, wo sich gerichtliche und verwaltungsrechtliche Verfahren überschneiden, um einen wechselseitigen „Know-how-Transfer“ möglich zu machen und
  • Organisation dieser Veranstaltungen durch eine gemeinsame Richterakademie
  • Letztlich wurde als Ziel auch ein möglichst gemeinsamer Außenauftritt der Richtervereinigungen nach außen formuliert.

 

 

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